ANDRÉ WISCHNEWSKI

CATALOG


kunstraum friesenstrasse I Hannover I 2022

 EXHIBITION VIEWS


SELECTION

 WORKS


 Am laufenden Band.
(in progress .... , ... m ...hereandnowhereandnowhere...), 2025
(205,86 m ...sichernichtsichernichtsicher...), 2024
(157,31 m ...nahezunahezunahe...), 2024
(68,23 m ...upsetupsetup...), 2024
(89,10 m ...IHNENNACHIHNENNACHIHNEN...), 2024
(148,94 m ...GEHT`SNOCHGEHT`SNOCHGEHT`S...), 2024

2024 - open end
Edelstahl / Stainless steel
Rauminstallation variabel / Sitespecific
installation variable

Constructs

2024
Messerschnitt / Knife cutting

Comicheftseiten / Comic book pages

von Fall zu Fall #1 - 6

2021 - 2023
Rauminstallation variabel / Sitespecific
installation variable

Ohne Titel (abgeschweift)
Untitled (digressed)

2021
Stahl / Steel
Rauminstallation variabel / Sitespecific
installation variable

Soundpieces 2.0

2020 - 2022
Messerschnitt / Knife cutting

Comicheftseiten / Comic book pages

Ohne Titel*
Untitled*

2021 - 2022
Gips, Stahl / Plaster, Steel
Rauminstallation variabel / Sitespecific
installation variable

276 Zeichen incl. Leerzeichen
Leerzeichen: je 55 x 10 x 3,5 cm
               U / J: je 55 x 17 x 7,6 cm
                    I: je 55 x 6,8 x 7,6 cm




*Begleitkommentar
/ Accompanying commentary

„links unten rechts oben“
„bottom left top right"

2021
Kupferblech / Copper
je 48 x 24 x 17 cm

Naherholungsgebiet
local recreational area

2021 - 2022
Stahl / Steel
Rauminstallation variabel / Sitespecific
installation variable

Ooonomatopoetikum
Ooonomatopoeia

2020
Stahl / Steel
Rauminstallation variabel / Sitespecific
installation variable

Soundbooks 2.0

2020
Messerschnitt / Knife cutting
Comicbücher / Comic books

wattige Nacht...
fluffy night

2020
Messerschnitt / Knife cutting

Comicheftseiten / Comic book pages

Scenery

 2020 - 2021
Messerschnitt / Knife cutting

Comicheft / Comic book

Shift

2020
Albert - Ludwigs - University Freiburg
Research building IMBIT
(Intelligent Machine-Brain Interfacing Technology)
Stahl / Steel
505 x 1100 x 320 cm

Wasserspiel
Fountain

2019
Stahl, Messing, Kupfer / Steel, brass, copper
400 x 190 x 150 cm

Kategorischer Imperativ
Categorical Imperative

2019
Stahl, Keramik / Steel, ceramic
80,5 x 136 x 177 cm

101967 mm and Five Characters

2019 - 2024
Stahl, Holz, Diabas, Blech / Steel, wood, diabase, metal
Rauminstallation variabel / Sitespecific
installation variable

Platzkonzert

2018 - 2020
Stahl / Steel
Rauminstallation variabel / Sitespecific
installation variable

aw_open source

2019
Stahl, Papier / Steel, paper
168 x 147,5 x 102 cm

pop-ups

2018
Stahl / Steel

Rauminstallation variabel / Sitespecific
installation variable

92295 mm with open end

2018 - 2019
Stahl / Steel
Rauminstallation variabel / Sitespecific
installation variable

Whatever you say

2018
Skulpturenpark Heidelberg
Stahl / Steel
350 x 400 x 200 cm

Ohne Titel
(durch Abwesenheit glänzen)

Untitled (be conspicuous by one´s abscence)

2018
Botanischer Garten Karlsruhe
Plexiglas / Perspex
Rauminstallation variabel / Sitespecific
installation variable

Ohne Titel (merged)
Untitled (merged)

2018
Stahl, Kalkstein, Plexiglas / Steel, perspex, shell limestone
30 x 120 x 120 cm

Whatever you say - was immer du erzählst

2017
Stahl / Steel


Maps

2017
Fotoprint, Stahl / Photo print, steel

HMMMN DADADADAT HHMMNN(OE)R...

2016
Teppich, Stahl, Graphit / Carpet, steel, graphite
210 x 350 x 15 cm

Später, nachdem sich alle zurückgezogen haben, hängt jeder seinen eigenen Gedanken nach...
Later, when everyone has withdrawn,
they will each dwell on their own thoughts...

2016
Messerschnitt / Knife cutting
3 Comichefte / 3 Comic book
29 x 21 cm

DOKDOK_DOKDOK 

2016
Stahl / Steel
Rauminstallation variabel / Sitespecific
installation variable

 Soundbooks

2016
Messerschnitt / Knife cutting
Comicbücher / Comic books

Soundpieces

 2016
Messerschnitt / Knife cutting

Comicheftseiten / Comic book pages

TAETERAETAEAEAEAEAE ...
Aufbauschung einer Belanglosigkeit

TAETERAETAEAEAEAEAE ...
Dramatisation of a trivial matter

2016
Stahl, Draht / Steel, wire
180 x 1200 x 22 cm

TA-DAAH

2015
Kupferblech / Copper
20 x 80 x 12 cm

CURRENT


08. März – 12. Oktober 2025
Kunstmuseum
Stuttgart


 
Doppelkäseplatte. 
100 Jahre Sammlung. 
20 Jahre Kunstmuseum Stuttgart

Der Eintritt ist über die gesamte Laufzeit der Ausstellung kostenfrei.

 
Öffnungszeiten:
Di - So       10:00 - 18:00 Uhr
Fr                10:00 - 21:00 Uhr
Mo              geschlossen, außer an Feiertagen
Feiertage  10:00 - 18:00 Uhr

Ort:
Kunstmuseum Stuttgart
Kleiner Schloßplatz 1
70173 Stuttgart

Künstler:innen
Frank Ahlgrimm, Albrecht/d., atelierJAK, Yael Bartana, Tim Berresheim, Gerda Brodbeck, Andrea Büttner, Otto Dix, Karl Duschek, Simone Eisele, Dietrich Fricker, Peter Granser, Dana Greiner, Vivian Greven, Susanne Hofmann, Johannes Itten, Christian Jankowski, Anne Marie Jehle, Ida Kerkovius, Fritz Lang, Josephine Meckseper, Markus Oehlen, Dieter Roth, K.R.H. Sonderborg, Anton Stankowski, Kara Walker, Ina Weber, Ben Willikens, Lambert Maria Wintersberger, André Wischnewski, Sonja Yakovleva, Haegue Yang, Hannah Zenger

1925 wurden Werke der Stuttgarter Sammlung, die damals »Städtische Gemäldesammlung« hieß, in der Villa Berg erstmals öffentlich gezeigt. Als »Galerie der Stadt Stuttgart« war die Sammlung viele Jahre im Kunstgebäude zu sehen, bevor sie schließlich 2005 in den eigens für sie errichteten Neubau am Schlossplatz zog.

Zum Doppeljubiläum präsentiert das Kunstmuseum Stuttgart eine Ausstellung mit ausschließlich Werken aus der eigenen Sammlung – darunter zahlreiche Ankäufe und Schenkungen der vergangenen Jahre.

Titel- und impulsgebend für die Ausstellung ist das monumentale Lebensmittelbild »Doppelkäseplatte« von Dieter Roth, das sich in der Sammlung des Kunstmuseums Stuttgart befindet. Es besteht aus verschiedenen Käsesorten, deren Oberflächenstruktur sich durch Zersetzungs- und Schimmelprozesse schon bald verändern sollte. Das Werk wucherte – und reifte nach. Im Einsatz vergänglicher Materialien kommen bei Roth programmatische Fragen zur Produktion, Rezeption und Eigendynamik von Kunst zum Ausdruck.

Die Ausstellung setzt genau hier an: Wie sieht die städtische Sammlung nach hundert Jahren aus? Welchen Reifungsprozessen unterliegt das Sammeln von Kunst? Wie verändert sich ihre Wahrnehmung und Geltung über die Jahre?

Gegliedert in sieben Themenräume, die die individuellen Handschriften der Kurator:innen des Kunstmuseums tragen, werden historische Zusammenhänge innerhalb der Sammlung aufgezeigt und Brückenschläge zu heutigen lebensnahen Fragestellungen unternommen – etwa zu Konsum oder Rassismus. Spannungsvolle Inszenierungen ergeben sich durch die Gegenüberstellung von Werken, die lange nicht oder noch nie zu sehen waren, mit aktuellen Schenkungen und Neuerwerbungen.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website.

www.kunstmuseum-stuttgart.de/ausstellungen/doppelkaeseplatte

02. April – 18. Mai 2025
Kunststiftung 
Sachsen-Anhalt


 
Die Stiftung Kunstfonds zeigt eine Werkauswahl ihrer Stipendiat:innen 2024

Vernissage:
Dienstag, 01. April 2025, 18:00 Uhr

 
Öffnungszeiten:
Mi - So       14:00 - 18:00 Uhr
Feiertage  14:00 - 18:00 Uhr

Ort:
Kunststiftung Sachsen-Anhalt
Neuwerk 11
06108 Halle (Saale)

Die Stiftung Kunstfonds präsentiert Werke ihrer Stipendiat:innen 2024 in Halle: Die Ausstellung wird mit Malerei, Skulptur, Fotografie und installativen Sound- und Videoarbeiten die ganze Bandbreite Kunstfonds-geförderter Positionen präsentieren. 

An der Ausstellung nehmen die Kunstfonds-Stipendiat:innen Ahu Dural, Marta Dyachenko, Monika Grabuschnigg, Andrea Grützner, Samuel Henne, Doris Kaiser, Selma Laura Köran, Roy Mordechay, David Polzin, Anna, Schimkat und André Wischnewski teil. Die Künstler:innen setzen in ihren Werken unterschiedlichste inhaltliche Schwerpunkte, von formal-ästhetischen Fragestellungen über autobiografische Narrative hin zu gesellschaftskritischen Beobachtungen.

Die teilnehmenden Künstler:innen wurden von einer unabhängigen Jury, der die bildenden Künstler:innen Christine Bergmann und Kriz Olbricht sowie der Ausstellungsmacher Thibaut de Ruyter angehörten, aus den 83 Stipendiat:innen 2024 ausgewählt. Die Ausstellung findetin Kooperation mit der Kunststiftung Sachsen-Anhalt statt.

Die Stiftung Kunstfonds ist eine bundesweit tätige Fördereinrichtung der zeitgenössischen bildenden Kunst mit Sitz in Bonn. Sie wird finanziell gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Stiftung Kulturwerk der VG-Bild-Kunst.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website.

www.kunstfonds.de/aktuelles/veranstaltungen/details/ausgezeichnete-zeitgenoessische-kunst-stiftung-kunstfonds-praesentiert-werke-ihrer-stipendiatinnen-in-halle

 NEWS


TEXTS


ENGLISH VERSION BELOW

Später, nachdem sich alle
zurückgezogen haben, hängt jeder
seinen eigenen Gedanken nach…


 Um in die Arbeiten von André Wischnewski einzuführen, möchte ich mich über ein bestimmtes Phänomen nähern und über die Begegnung sprechen. Denn sie ist es, die in dieser Ausstellung gleich mehrmals zum Vorschein kommt.
Zunächst begegnen sich hier die zeichnerische Linie und das Skulpturale. Dieses Zusammentreffen bedeutet nicht nur die Besonderheit der Sammlung Gisela Sperlings, sondern es betrifft auch im Speziellen die Arbeiten des Künstlers André Wischnewski. An der Kreuzung zwischen der verbalen Sprache und dem bildhauerischen Werk, erhebt der Künstler die Linie an einigen Stellen zu stählernen haptischen Raumzeichnungen, in seinen Papierarbeiten wiederum schaffen die Umrisslinien Platz für Handlungsräume und Leerstellen. Schnell wird der Bezug zum Comic deutlich, dem Zwischenmedium von Sprache und Darstellung, welches er in ganz besonderer und facettenreicher Weise bildhauerisch transformiert.
Und dann erleben wir weiter eine ganz formale Begegnung: und zwar zwischen den Werken der Sammlung und denen des Künstlers. Damit möchte ich auch gleich auf die Grundbedingung aller Begegnung verweisen, nämlich auf das gegenseitige Erkennen.

André Wischnewski
Bevor aber auf diese grundlegende Philosophie der Begegnung eingegangen wird, sollen also die vielzähligen Begegnungen in den Werken Wischnewskis besprochen werden. Der Bildhauer hat sich auf eine ganz besondere Beziehung spezialisiert, nämlich auf das Zusammentreffen von Sprache und Werk, von Sichtbarem und Sagbarem. Hier begegnen sich zwei Bereiche, deren jeweilige Zeitlichkeiten unterschiedlicher nicht sein könnten: denn das gesprochene Wort ist für unsere Sinne nicht zu halten, es ist höchstens als innerer Nachhall für kurze Zeit noch zu vernehmen, aber entzieht sich unserer Festhaltbarkeit. Die Dynamik des gesprochenen Wortes ist also erstmal nicht zu konservieren. Dagegen steht mit der Skulptur ein traditionell un-dynamisches und monumentales Programm gegenüber. Hier befinden wir uns doch eigentlich bei einer ganz klassischen Problemstellung der Kunstgeschichte, nämlich der Paragone von Sprache und Bildlichkeit.  

Weiter trägt auch die geschriebene Sprache – die Schrift – Elemente in sich, deren Übersetzung nicht einmal in die gesprochene Sprache möglich ist: ihr Bereich ist die Fläche, die durch Satzzeichen begrenzt wird. Diese Satzzeichen sind unaussprechliche Verbindungsstücke und Intensivierungen – Zeichen, die oftmals als stumme Diener die Kommunikation lenken, wie etwa geschweifte Klammern und Semikola. Die Schrift hat damit ganz eigene Gesetze: Der Philosoph Nelson Goodman gab in seiner Definition des Schriftbildes an, dass dieses eben aus Lücken und Leerstellen bestehe und es sich gerade durch diese Zwischenräumlichkeit auszeichne. Darin unterscheiden sich mit Goodman Bilder und Schriftbilder: das Schriftbild zeichnet sich durch seine Leerstellen aus, durch die Räume zwischen den Zeichen, während Bilder eine kontinuierliche Dichte besitzen.
Wir haben es also sowohl beim gesprochenen als auch beim geschriebenen Wort mit einer ganz eigenen Gesetzhaftigkeit zu tun und ihre Übertragung in einen anderen Zustand scheint ein problematisches Unterfangen. Hier nun kommt die Besonderheit der Bildhauerei ins Spiel: André Wischnewski überträgt eben genau jene Momente des Nicht-Greifbaren der Sprache in den Raum, indem er Versatzstücke zwischenmenschlicher Kommunikation zu haltbaren Größen und räumlichen Interventionen ernennt. Lautsprache und Dynamiken des Blattes werden dann zum Skulpturalen. Das bedeutet eine Gleichzeitigkeit von Sprache und Lauten, von Bild und Atmosphäre, die so genau aus einem bestimmten Genre bekannt ist, das ich bereits erwähnte und dessen Ordnungen sich Wischnewski bedient: dem Comic.

Ebendiese Gleichzeitigkeit in der Bildhauerei betrifft aber nicht nur die Sprache, sondern auch weitere ikonische Elemente des Comics, die Wischnewski ins Räumliche übersetzt. Gleich wenn wir hier die Empore betreten, stehen wir so einer Dynamik gegenüber: die Arbeit
von Fall zu Fall #2 aus seiner Werkserie der Fallereignisse ist eine form- und immanent gewordene Bewegung; eine dynamische Skulptur. In der Transformierung eines eigentlich unhaltbaren Augenblicks – dem freien Fall – wird bei Wischnewski die stahlgewordene Linie zur aktiven Anzeige für eine Momenthaftigkeit, die durch die Gesetze des Comics und der bildhauerischen Materialität zusammenkommt. Wir kennen das vom Comicblatt: Triebkraft, Schwung und Aktivität können dort mit einer ganz speziellen zeichnerischen Formsprache, wie durch die Zackenlinie, bildlich gemacht werden – in die Dreidimensionalität übertragen wird diese Energie in einem realen Raum erfahrbar. Damit wird nicht nur die Ordnungsmatrix des Blattes überwunden, sondern hier gerät auch die Begrenztheit des Ausstellungsraumes ins Wanken. Dieser wird zur Spielfläche bildhauerischer Vermittlung, indem die Linien des Fallereignisses – hier im kunstraum friesenstraße – eine Verbindung der Stockwerke vorgeben.
Folgt man dieser Verbindung über die Treppe, wird man von stählernen Klammern im Obergeschoss begrüßt und ins Verhör genommen. Hier steht uns eine Raumintervention entgegen, die unsere Auseinandersetzung aktiv vorgibt: wir müssen uns an den stählernen Vertikalen vorbei in den Raum tasten; unsere Wege sind damit bereits einigermaßen bestimmt. In der Schrift wird das Nebensächliche in Klammern gehüllt, hier werden sie überdimensioniert zu Unterbrechungen des Raumes. Ein Naherholungsgebiet, so der Titel dieser räumlichen Schichtung, ist üblicherweise ein wenig bebautes Areal abseits der Ballungsgebiete. Gegenteilig zum Titel wird hier aber gerade die Enge zwischen den Zeichen spürbar, die unser eigenes Eingeklammert-Sein vermisst. Die Leerstellen werden für uns zu begehbaren Zwischenräumen; wir werden in ihrem Betreten zwangsläufig in die Klammer genommen und zu aktiven Teilnehmer:innen dieser Konfrontation. Ich erinnere an die Definition des Schriftbildes von Goodman: von Wischnewskis Klammern ins Verhör genommen, stehen stehen wir anstelle des dritten Zeichens zwischen zwei Schriftzeichen, füllen die Dichte, greifen in die Zwischenräumlichkeit der Sprache ein. Gerade in der abstrahierten Konzentration wird ebendiese Darstellung der Zwischenräume erst möglich, die so zu einer Besonderheit der Bildhauerei werden; und nur durch die Herauslösung können wir mit ihnen ins Gespräch kommen und der Arbeit im Raum begegnen.

Indem Wischnewski also die Outlines des freien Falles nachempfindet oder die unsichtbaren Linien der Sprache in den Raum stellt, generiert er dieses Zusammenspiel aus Sichtbarmachung des eigentlich Nicht-Darstellbaren in einem real-gewordenen ästhetischen Raum und damit auch unsere Setzung in diesem Zeichensystem. Es erinnert mich an ein Zitat des Künstlers Lawrence Wiener über die Linie:  

Each Act Must Have Consequence
Each Line Does Have Meaning
          Lawrence Weiner

Das Zitat des Konzeptkünstlers scheint mir für die Arbeiten Wischnewskis treffend, denn der amerikanische Künstler wurde dafür bekannt, auch ebendas zur Skulptur zu machen, das nicht da ist. Wiener veröffentlichte 1968 eine künstlerische Absichtserklärung, in der er den gemeinsamen künstlerischen Prozess durch Künstler und Rezipientenschaft verkündet. Hier verweist Wiener auf die Konsequenz jeder künstlerischen Handlung und die aktive Ausführung durch die Rezipierenden. Im 2. OG. dieser Ausstellung befindet sich ein Werk Wischnewskis, das sich mit dem Titel Kategorischer Imperativ einem ähnlichen Verhältnis von Ausführung und Handlung widmet: der Kategorische Imperativ gibt als feine Raumzeichnung eine Handlungsweise vor, die Installation zu betreten und eine Haltung der Rezeption anzunehmen.
Damit erreicht der Bildhauer durch eine Reduktion auf die Umrisslinie auch unsere Lenkung im Raum und der Rezeption. Nicht nur erschafft er Zwischenräume, wie auch die Klammern sie bereitstellen, sondern durch diese bildhauerischen Handlungen wird gelenkt, was wir als Raum anerkennen und ursprünglich eigentlich nur Linie war. Besonders spannend an den Arbeiten Wischnewskis ist – das dürfte in den bereits vorgestellten Arbeiten deutlich geworden sein – der Zusammenfluss aus Werk und Titel: auch hier trifft sich die Sprache mit dem haptischen Werk und sie verbinden sich zur Deutung. So unterstreicht die bildhauerische Offenheit und Begehbarkeit der Arbeit Kategorischer Imperativ den Gehalt des Sprachlichen: die Offenheit der Arbeit entspricht gleichzeitig einer Aufforderung des Eintritts – wer sie erkennt, muss Teil dessen sein.

Wie die Rückführung auf wesentliche Elemente neue Räume entstehen lässt, zeigt Wischnewski auch mit den Papierarbeiten im 2. OG., die rein formal ihre Affinität zum Comic-Buch nicht bestreiten können. Seine Soundbooks und Soundpieces sind nun in einem anderen Verhältnis zu uns geordnet als die Raumskulpturen aus Stahl. Sie stehen uns nicht als Charaktere im Raum entgegen, sondern fordern zunächst eine recht gewöhnliche Rezeptionsweise: das nahe Herantreten an das Blatt, das dann üblicherweise eine Bilderfolge angibt. Doch diese Papierarbeiten sind ihrem Ursprung des Comic-Blatts entfremdet: Im Cut-Out-Verfahren des Messerschnitts lässt der Künstler nur die Umrisslinien der Bildanlagen stehen und macht in Betonung der umgebenden Linie das strukturierte Layout sichtbar. Dieses wird nun ausgehöhlt zur Leerstelle und indem die Blätter geschichtet werden, gehen die einzelnen Leerstellen der Seiten miteinander ins Gespräch. Die Chronologie eines Comic-Buches wird traditioneller Weise durch das einzelne Blättern der Seiten erst nach und nach erschlossen: Wischnewski enthebelt nicht nur diese tradierten Zuordnungen von Zeitlichkeit und Chronologie des Blattes, sondern spielt auch mit dem Verhältnis von Fläche und Tiefe. Indem er nur die Umrisslinien der Bildanlagen stehen lässt und diese schichtet, wird eine Tiefe der drapierten Messerschnitt-Arbeiten generiert, die ihrem Zusammenspiel eine eigene Narrativität zusprechen. In der Simultanität der Leerstellen werden so Dynamiken sichtbar – die Bildanlagen und ihre Schichtung halten ganz ohne comic-typische Bebilderung die Energie des Erzählens bereit. Den Bildern entledigt, bleibt darin einzig die comic-typische Lautschrift als wesentliches Element bestehen, um die jeweilige Stimmung des Blattes zu bekräftigen. Das sind Textstücke und Laute, die in der Kommunikation des Comics Stimmungen affizieren, intensivieren und einbetten. Emotionen, wie etwa die Wut, werden von einem knurrenden „GRRR“ in greller Typografie begleitet; dynamischen Geschehnissen und Effekten, wie etwa einem freien Fall, wird dann vielleicht ein „BOOM“ zur Seite gestellt.
Die Präsentation dieses eigentlich Nebensächlichen – wie es Laute, Geräusche und Sprachfetzen normalerweise bedeuten – dienen hier aber nicht der Unterstreichung einer Narration, sondern sie werden zum führenden Element der Arbeit. Sie sind nicht nur das übrig-Gebliebene, sondern sie geben den Soundpieces eine explizite narrativierende Kraft. Damit wird auch Verbales selbst zum Ikonischen. In der Visualisierung von Geräuschkulissen, wird ein besonderer Grenzgang zwischen Sichtbarem und Sagbarem provoziert. So ist es nicht verwunderlich, dass Wischnewskis Behauptung eines Klangstückes durch das Auge rezipiert wird.

Wir bleiben bei einer solchen Verwirrung der Sinne: denn im nächsten Raum umgeben uns Ergänzungen der Sprache als architektonisches und haptisches Element: das Begleitkommentar Wischnewskis ist ein raffiniertes Spiel zwischen Semantizität und Ornament. Als Gipsbordüre hangeln sich „ujujuj’s“ an der Wand entlang, umgeben uns und führen damit sprachliche und architektonische Parameter des Umzwingelns (oder: Umgebens) zusammen. Dem Buchstaben wird nicht nur durch die Haptik bildhauerischer Qualitäten zugesprochen: das Verstummen von Lauten wird hier in ein architektonisches Zusammenfallen übersetzt. Indem die Gips-Buchstaben plötzlich der Schwerkraft zuhören müssen, bringt der Bildhauer mit humoristischer Qualität eine Leichtigkeit in das Spiel zwischen den Kategorien. Das Ornament ist ein sich wiederholendes Muster mit symbolischer Funktion. Neben der Ordnung der Räume kennen wir dieses Prinzip etwa aus Briefköpfen. Doch diese Zusammenführung, die nun schriftliche, architektonische und verbale Semantiken betrifft, ist eine besondere Kreuzung. Wischnewski zeigt eine Parallelität von architektonischer und sprachlicher Umhüllung: mit einem Augenzwinkern verbindet der Bildhauer die beiden Techniken und überlistet nicht nur gemeine Sinnes-Zuordnungen, die Ohren und Augen betreffen, Fläche und Räumlichkeit, sondern auch die Disziplinen Architektur und Schrift.

Das Begegnen
Gehen wir nun durch die beiden Stockwerke, gelangen wir an markierte Orte der Begegnung. Zunächst von Schrift und Bildhauerei, Fläche und Tiefe, Linie und Raum: und dann hält diese Ausstellung doch ein ganz besonderes Aufeinandertreffen bereit, indem nicht nur die Werke des Künstlers Wischnewskis ausgestellt sind, sondern indem der Künstler einige Werke der Sammlung gewählt hat, die seinen räumlichen Interventionen heute Beiseite stehen.
Im Eingangsbereich des Untergeschosses sehen wir die Arbeit 92397 mm and Three Characters. Die dynamischen Linien verbinden sich hier mit zusätzlichen Bausteinen, die wie herumschwirrende Glieder einer Erzählung wirken: eine Blechspitze, ein Holzgriff und eine Pfeife als Markerpunkte für Geschehnisse und Narrationen. Die stählernen Umrisslinien verstanden als Eckpunkte unserer Momentaufnahmen; wie aus den Comic-Bildanlagen wirken dann die Gegenstände lose eingesetzt. Ihr Gegenüber solcher ausgelöster Erzählpunkte findet sich dann in einem Werk der Sammlung; genauer in einem Werk von Thomas Schütte. Sind doch auch seine blauen Hüte eine Reduktion, sind sie doch symbolhafte Anzeige und Erkennungsmerkmal für Schüttes Oeuvre, indem er durch abstrahierte Figürlichkeit, Narrative menschlichen Zusammenlebens unterbreitet.
Insgesamt vier solcher Treffen aus den Werken der Sammlung und seinen eigenen Arbeiten stellt uns Wischnewski heute vor.

Die Strategie der Ausstellung greift damit die Besonderheiten der künstlerischen Begegnung auf: denn eine Begegnung der Werke ist durch ein gegenseitiges Erkennen bedingt – von bestimmten Momenten des Aufeinandertreffens, indem Punkte der Bilder und Skulpturen ein Ähnliches meinen und miteinander ins Gespräch gehen können. Damit wird in dieser arrangierten Begegnung zu einer konkreten raumzeitlichen Situation zusammengeschlossen, die nur so und nur hier für unsere Begegnung mit Ihnen bereitsteht, mit uns ins Gespräch geht und von bestimmten Narrativen berichtet. Zwei Paramater bestimmen die Begegnung: zum einen, das gegenseitige Erkennen, das hier vom Künstler geleistet wurde. Und zum anderen: die Zeit. Denn eine Begegnung lebt genau davon, dass sich die Teilnehmenden zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort erkennen und begrüßen, jedoch nicht gänzlich vermischen. Es verhält sich ähnlich mit diesem Text: er kann die Dinge nicht tatsächlich berühren, sondern ihnen nur durch Worte begegnen – damit vielleicht auch die Werkzeuge für das gedankliche Aufeinandertreffen vorstellen, das wir selbst vornehmen, wenn wir der Ausstellung begegnen, ihr gegenüber-stehen, Teil ihrer werden – bevor wir die Interventionen wieder hinter uns lassen, und unseren eigenen Gedanken nachhängen.



Carolin Heel
Diese Rede wurde anlässlich der Eröffnung der Ausstellung am 09.03.2022 gehalten.

Later, when everyone has withdrawn,
they will each dwell on their own thoughts...


 As an initial approach to the work of André Wischnewski, I would like to begin with the phenomenon of the encounter, a recurring theme throughout this exhibition.
First and foremost, it is the graphic line and the medium of sculpture that intersect here, thus forming an encounter. This convergence not only characterises the Gisela Sperling Collection, but it is also integral to the works of André Wischnewski. Moving between the realms of language and sculpture, the artist elevates the line in some instances to become haptic spatial drawings. In his works on paper however, the outlines create a void as well as scope for action. The reference to comics quickly becomes evident – the intermediate medium between language and image, which Wischnewski transforms into a very particular and multifaceted sculptural form.
We become witness to a further formal encounter, between the works of the collection and those of the artist. This brings me to the fundamental condition of encounters: mutual recognition.

André Wischnewski
Before going into further detail about the fundamental philosophy of encounters, I want to start by addressing the numerous encounters within Wischnewski's works. The sculptor has specialised in a very particular relationship, the encounter between language and sculpture, exploring what can be seen and what can be articulated. The two realms converge here, while their respective temporalities could not be more different. The spoken word cannot be physically grasped by our senses, it can only be perceived briefly as an inner echo. The dynamic of the spoken word therefore cannot be preserved. Sculpture, on the other hand, is traditionally associated with being undynamic and monumental. We find ourselves confronted with a common challenge in art history, the paragon of language and imagery. 

There are elements of the written language – certain characters – that cannot possibly be translated into the spoken language, whose scope is confined by punctuation marks. These punctuation marks are inexpressible connectors and intensifiers – signs that often guide communication as silent supporters, such as curly brackets and semicolons. The written language thus has its own laws. The philosopher Nelson Goodman defined notational systems as consisting of gaps and spaces, distinguishing themselves through this quality. According to Goodman, this sets notational systems apart from pictures: A notational system is characterized by its gaps, the spaces between symbols, while pictures possess a continuous density.
In both the spoken and the written language we are therefore dealing with a very particular set of rules. Translating them to another form seems to be a difficult undertaking. This is where the unique nature of sculpture comes into play: André Wischnewski translates those very moments of linguistic intangibility into space by turning elements of interpersonal communication into tangible and spatial interventions. Language and the dynamics of the page thus become sculptural. This evokes a simultaneity of language and sounds, of depiction and atmosphere, that is reminiscent of a particular genre, which has already been referred to and whose structures Wischnewski draws upon: the comic.

This simultaneity in sculpture applies not only to language, but also to other iconic elements of comics, which Wischnewski translates into three-dimensional space. Upon entering the gallery, we are confronted with such a dynamic – the work. von Fall zu Fall #2 from his series Fallereignisse (occurrences of falls) is a movement that has taken shape and has become immanent: a dynamic sculpture. In the transformation of an intangible moment – free fall – Wischnewski's line made of steel becomes an active display of momentariness, which comes together through the laws of the comic and sculptural materiality. As is familiar from comic strips, momentum, drive and activity can be visualised with a particular visual language, such as a jagged line. Translated into three-dimensionality, this energy can be experienced in the physical space. This not only overcomes the hierarchical matrix of the two-dimensional piece of paper, but also undermines the limitations of the exhibition space which becomes a playground for sculptural mediation. The example of Fallereignis at the kunstraum friesenstraße, connects the various levels of the building for instance. If you follow its route via the stairs, you are greeted by parentheses formed out of steel on the upper floor which take us in for questioning. We are confronted with a spatial intervention, actively dictating our approach. To enter the room we have to make our way past the vertical parentheses, our path is therefore predetermined to an extent. In written text, secondary information is veiled in parentheses; here, they form an exaggerated interruption of the space. This superimposed spatial intervention is titled Naherholungsgebiet (local recreational area), which usually refers to a scarcely populated area away from the dense urban centres. Contrary to the title, however, the closeness between the characters is made tangible, which we lack in our own sense of being enclosed. The blank spaces become accessible gaps that we can enter, by which we are inevitably taken into the parenthesis and become active participants in this confrontation. Thinking back to Goodman's definition of notational systems: interrogated through Wischnewski’s brackets, we find ourselves in place of the third symbol between two characters, increasing the density, intervening in the in between spaces of language. It is precisely in the abstract concentration that this depiction of the spaces in between becomes possible, which thus become a distinctive feature of sculpture. Only by detaching them can we enter into conversation with them and encounter the work in the space.

By recreating the outlines of free fall or by transporting the invisible lines of language into space, Wischnewski generates an interplay between the visualisation of the non-representable in an aesthetic physical space, and therefore also our position in this system of signs. It reminds me of a quote from the artist Lawrence Wiener about the line: 

Each Act Must Have Consequence
Each Line Does Have Meaning
          Lawrence Weiner

The quote by the conceptual artist seems apt in reference to Wischnewski's works, as the American artist became known for transforming absence itself into sculptural elements. In 1968, Wiener published an artistic declaration of intent in which he proclaimed the joint artistic process by artists and recipients. Wiener was referring to the consequence of every artistic act and the active execution by the recipients. On the second floor of the exhibition, a work by Wischnewski is dedicated to a similar relationship between execution and action titled Kategorischer Imperativ (Categorical Imperative). It is a drawing of a floor plan that prescribes a way of entering the installation and in what form it should be perceived.
By reducing the drawing to the outline, the sculptor also guides our spatial awareness and sense of perception. Not only does he create in between spaces, in the same way as parentheses do. These sculptural interventions also determine what we perceive as the space, despite only being confronted with lines. What is particularly fascinating about Wischnewski's works, and what might have become clear from the works that have already been presented, is the convergence of the works and the titles. Here, too, language meets the physical work and they come together to form an interpretation. The sculptural openness and accessibility of the work Kategorischer Imperativ emphasises the linguistic component. The openness of the work is simultaneously an invitation to enter – anyone who recognises it must be a part of it.

Wischnewski's works on paper on the second floor, which bear a formal affinity to comic books, also demonstrate how the reduction to essential elements can create new spaces. In terms of relation, his Soundbooks and Soundpieces are arranged differently compared to the steel sculptures. They do not confront us as subjects in the space, but initially require a fairly conventional mode of perception. Approaching the sheet of paper, we would usually expect to see a sequence of images on it. These works on paper, however, differ from the original comic format. By using the cut-out technique, the artist leaves nothing but the outlines of the images. Emphasizing the frame causes the structured layout to become visible. The layout becomes a blank space, and by layering the sheets, the individual blank spaces on the pages enter into conversation with each other. Traditionally, the chronology of a comic book is only gradually revealed by turning each page individually. Not only does Wischnewski undo the traditional order of temporality and the chronology of the page, he also plays with the relationship between surface and depth. By leaving only the outlines of the images and layering them, a certain depth is created, which, in combination with the other cut-out pages, generates a narrative of its own. Dynamics thus become visible in the simultaneity of the empty spaces – the image arrangements and their layering retain the energy of the narrative even without the typical comic illustrations being visible. Stripped of the images, only the phonetic writing typical of comics remains as an essential element to reinforce the respective mood of the page. The text fragments and sounds that affect, intensify and embody moods in the comic's narrative remain. Emotions, such as anger, are accompanied by a growling “GRRR” in garish typography; dynamic events and effects, such as a free fall, are accompanied by a “BOOM”.
The presentation of the seemingly insignificant – such as sounds, noises and snippets of words – does not serve to underline a narrative in these cases, but rather becomes the central element of the work. They are not merely remnants, but they give the Soundpieces an explicit narrative power. Therefore the verbal elements themselves become iconic. In the visualization of soundscapes, a certain distinction between the visible and the speakable is provoked. It is therefore not surprising that Wischnewski's claim of a soundpiece is being perceived visually.

A sense of confusion remains as we proceed to the following room. We find ourselves surrounded by sequences of letters in the form of architectural and haptic elements. Wischnewski's work Begleitkommentar (accompanying commentary) is a sophisticated interplay between semanticality and ornament. In the form of a plaster frieze, 'ujujuj's' trail along the wall, encircling us and combining linguistic and architectural aspects of enclosure. The letters are not only awarded tactile sculptural qualities: the silencing of sounds is translated here into an architectural collapse. By suddenly subjecting the plaster letters to the force of gravity, the sculptor introduces a humorous lightness into the interplay between the categories. The ornament is a repeating pattern with a symbolic function. In addition to the organisation of the rooms, we are familiar with this principle from letterheads, for example. This combination, however, which now concerns written, architectural and verbal semantics, is a particular hybridisation. Wischnewski reveals a parallelism between architectural and linguistic envelopment: with a twinkle in his eye, the sculptor combines the two techniques, outwitting not only the common sensory associations that relate to ears and eyes, surface and space, but also to the disciplines of architecture and writing.

The Encounter
As we make our way across the two floors, we perceive various sites of encounter – writing and sculpture, surface and depth, lines and space. However, the exhibition holds a further, very particular encounter. Not only are works by Wischnewski on display, but the artist has also selected a number of items from the collection that are paired with his spatial interventions.
In the entrance area on the lowest level, we are presented with the work 92397 mm and Three Characters.  The dynamic lines connect with additional elements that function as floating fragments of a narrative: a metal tip, a wooden handle and a pipe serve as markers for events and stories. The steel outlines can be understood as the cornerstones of our view; the objects appear to be loosely placed, much as the layout of a comic book. The counterpart to such elicited narrative points can be found in a piece from the collection; more precisely, in a work by Thomas Schütte. His blue hats are just as reductive, a symbolic indicator and distinguishing feature of Schütte's oeuvre, in which he presents narratives of human coexistence through abstracted figurativity. Wischnewski presents us with four of these encounters between pieces from the collection and his own works..

The concept of the exhibition thus addresses the particularities of the artistic encounter. An encounter between works of art is contingent on mutual recognition – on certain moments, whereby specific elements of the paintings and sculptures suggest similar ideas and can therefore enter into a dialogue with one another. In this arranged encounter, a specific spatio-temporal situation is created, that is specific to this setting, entering into a dialogue with us and conveying certain narratives. Two parameters determine the encounter: on the one hand, mutual recognition, which was facilitated by the artist in this case. On the other hand, there is time. After all, an encounter thrives precisely on the fact that the participants recognise and greet each other at a specific time and place, without fully merging. It is similar with this text: it cannot physically touch the objects, instead it can only encounter them through words. In doing so, it may also provide the tools for the mental encounter that we ourselves engage in when we visit the exhibition, stand in front of it, become part of it, before leaving the interventions behind us again and pursuing our own thoughts.

Carolin Heel
This speech was given at the opening of the exhibition on 9th March, 2022
Translation: Lucy Nixon

Whatever you say


„Whatever you say“ - eine um das Zwanzigfache in Stahl monumentalisierte
Comicheftseite - lässt zunächst an eine verbogene, gekrümmte architektonische Struktur denken. Indem André Wischnewski zu Gunsten einer gesteigerten Abstraktion auf die explizite Symbolik der vorangegangenen Arbeiten verzichtet, stellt das Werk eine konsequente Fortführung und Steigerung von „Sound 1“ (2016) oder „Später, nachdem sich alle zurückgezogen haben, hängt jeder seinen eigenen Gedanken nach …“ (2016) dar.
Diese sind Comicbücher, ihrer ureigensten Codes, den Bildern, beraubt, verwandelt in zufällig anmutende Rastersysteme, in welchen nahezu tautologisch anmutende Dialogfragmente als auch der dem Comic eigene lautmalerische Elemente als bezugsfreie Zitate anklingen.

In der für den Skulpturenpark Heidelberg angefertigten Skulptur „Whatever you say“ - Was immer du erzählst - kehrt André Wischnewski diesen Prozess um. Was vorher das Eingreifen und Transformieren des Fundstücks in Form eines fragilen Comicheftes war, wird zum begehbaren Stahlkonstrukt, dessen Farbe und Anordnung seiner Rasterfelder als Echo seines Ursprungs, des Comicheftes, erhalten bleibt.

Die überformte, wellenartige Bewegtheit der Skulptur wird zum betretbaren Gehäuse. In dieser quasi Architektur verschwimmen die Grenzen zwischen Form und Volumen, Innen und Außen, Kunstwerk und Rezipient, welcher, tritt er denn in einen der Rahmen des Objektes ein, einerseits Bestandteil einer möglichen Bildergeschichte sein könnte, andererseits auch, im Anklang an den Titel der Skulptur „Whatever you say“, als Platzhalter für eine Sprechblase dienen würde.
Das Oszillieren zwischen Verortung und Infragestellen, Mensch und Objekt fußt auf
André Wischnewskis Beschäftigung mit utopischen Architekturen als auch der Auseinandersetzung mit Künstlern wie Michael Heizer, ein Vertreter der Land Art oder Site Sculpture. Das Doppelbödige und Brutalistische dessen monumentaler Landschaftsinterventionen, z. B. „Double Negative“ (1969) oder „City“ (1970, unvollendet), überführt  André Wischnewski in einen luftigen Minimalismus, in welchem sicher auch eine gesunde Prise Humor mitschwingt.
„Whatever you say“  könnte auch als eine sensible Reminiszenz an Eduardo Chillidas „Peine del viento - Windkämme„ (1977) an der Küste San Sebastians, dessen rostige und verdrehte Zinken sich dort krude gegen die See und die mitunter heftigen Böen behaupten, verstanden werden. Die harte Formensprache Chillidas bewegender Metapher des menschlichen Daseins transponiert André Wischnewski in die Leichtigkeit eines vom Wind verwehten Blattes Papier, dessen Chiffre doch zugleich auch von einer gewissen Vergeblichkeit zeugt: Whatever you say.

Alexander Horn

Whatever you say


 ”Whatever you say” - a comic book page monumentalized twentyfold in steel - initially evokes the image of a warped, curved architectural structure.
 By shedding the explicit symbolism of earlier works in favour of a heightened abstraction, André Wischnewski’s work represents a consistent continuation and refinement of ”Sound 1” (2016) and ”Später, nachdem sich alle
zurückgezogen haben, hängt jeder
 seinen eigenen Gedanken nach…”(2016) (”Later, when everyone has withdrawn, they will each dwell on their own thoughts...”). These works are comic books stripped of their essential codes - the images - transformed into seemingly random grid systems in which almost tautological fragments of dialogue, as well as the onomatopoeic elements characteristic of comics, resonate as context-free quotations.

André Wischnewski reverses this process in the sculpture ”Whatever you say” which was created for the Heidelberg Sculpture Park. What was previously the intervention and transformation of a found object, a fragile comic book, now becomes an accessible steel structure whose colour and grid layout remains as an echo of its origin, the comic book.

The sculpture's over-moulded, wave-like movement becomes an accessible shell. In this quasi-architecture, the boundaries between form and volume, inside and outside, artwork and recipient become blurred. Upon entering the object's frames, viewers could on the one hand become part of a possible picture story, and on the other hand, echoing the title of the sculpture ”Whatever you say”, serve as a placeholder for a speech bubble.

The oscillation between localisation and questioning, human and object is based on André Wischnewski's interest in utopian architecture as well as his examination of artists such as Michael Heizer, a member of Land Art or Site Sculpture movement.
André Wischnewski transforms the ambiguous and brutalist nature of his monumental landscape interventions, e.g. ”Double Negative” (1969) or ”City” (1970, unfinished), into airy minimalism that carries a sense of humour.

 ”Whatever you say” could also be understood as a sensitive reminiscence of Eduardo Chillida's ”Peine del viento - The Comb of the Wind” (1977) on the coast of San Sebastian, whose rusty and twisted spikes crudely hold their own against the sea and the sometimes violent gusts. André Wischnewski transposes Chillida's hard formal language, a moving metaphor of human existence, into the lightness of a sheet of paper blown away by the wind, whose cipher also testifies to a certain futility: Whatever you say.

Alexander Horn
Translation: Lucy Nixon

Hier und Anderswo


Jochen Hautzdorf und André Wischnewski in den Schauhäusern des Botanischen Gartens.

Die Schauhäuser des Botanischen Gartens sind geschützte Orte für das Anderswo. Hier wächst, was draußen unter den klimatischen Bedingungen dieses Breitengrades nicht gedeihen kann – tropische Pflanzen, Kakteen, Palmen. In den Schauhäusern blüht es, während es im Botanischen Garten schneit, eine so ferne wie exotische Flora findet unter diesen Dächern das geeignete Milieu, um mitten in Karlsruhe wachsen zu können. Wer also das Tropenhaus, das Palmen- oder Kakteenhaus betritt, ist gleichermaßen hier und anderswo, auf bekanntem Terrain und an einem fernen Ort.
Die Künstlichkeit dieses im buchstäblichen Sinne deplazierten Ortes ist der
Ausgangspunkt für die bildhauerische Arbeit von André Wischnewski. Wobei derKünstler sich weniger mit den hier dargebotenen exotischen Pflanzen beschäftigt, als mit dem, was diesem Einblick in die Flora einer anderen Klimazone fehlt: mit dem akustischen Leben, ohne das die isolierte Pflanzenwelt zum Bild erstarrt. Es ist die lautliche Abgeschiedenheit im Innenraum der Schauhäuser, das weitgehende Fehlen von akustischen Milieus, welche das Sichtbare in das Hörbare einbetten, die Wischnewski zum Gegenstand seiner Arbeit macht. Ist das ein Gegenstand? Wenn ja, so ist es zumindest einer, der sich entzieht, der nicht nur durch Abwesenheit glänzt, sondern der an sich ungreifbar ist. Wischnewski macht ihn manifest.
Er bekommt das Gewicht einer Skulptur, eine mit Händen zu fassende Dichte. Was sich in Plexiglas zu schwer entzifferbaren Formationen stapelt, sind Transkriptionen potenzieller Geräusche – und zwar verschlüsselt als Punzen, welche die lokale Abwesenheit der Laute noch in der Schriftform reflektieren. In den Skulpturen von Wischnewski kondensiert sich das akustische Milieu dieser deplatzierten Natur zu so sichtbaren wie unlesbaren, so transparenten wie undurchschaubaren Gebilden. Es sind Kristalle einer obskuren Geräuschkulisse, in denen sich nun das Licht und die Blicke der BesucherInnen verfangen.
Während André Wischnewski die Transparenz der verglasten Schauhäuser im Plexiglas seiner Lautskulpturen aufnimmt, arbeitet Jochen Hautzdorf mit den lokalen Materialien Stahl und Pflanzen. Dabei ist die Form seiner Skulptur ebenso entlehnt, wie ihre Funktion: ein überdimensioniertes Hufeisen als Klettergerüst für Schlingpflanzen. Obgleich auf vier Meter Höhe aufgeblasen, gehorcht die
Arbeit von Hautzdorf doch dem Prinzip der Mimikry – nämlich einer allmählichen Angleichung an ihr unmittelbares Umfeld, einer verschwiegenen Einfügung ins vorgefundene Milieu. Das liegt nicht nur an der Wahl der Materialien, in denen Konstruktives und Vegetabiles ineinandergreifen. Die Disproportion des Hufeisens, das gewöhnlich als Glücksbringer über Türstürzen hängt, erzeugt Familienähnlichkeiten zu den Torbögen und Umgängen, die sich im gestutzten Grün des botanischen Gartens finden. Während das Klettern der Pflanzen die Skulptur imLaufe der Ausstellung immer weiter an diesen Ort assimilieren wird, an dem Natur und Künstlichkeit nicht voneinander zu trennen sind.

Carolin Meister

Here and Elsewhere


Jochen Hautzdorf and André Wischnewski in the conservatories of the Botanical Garden.

The conservatories at the Botanical Garden are protected places for the elsewhere. Plants that are unable to thrive outside in the climate of this latitude can grow here – tropical plants, cacti, palm trees. Inside the conservatories, flowers are blooming while snow lies outside. In the middle of Karlsruhe, under these roofs, this exotic flora is able to flourish. Anyone entering the tropical house, the palm house, or the cactus house is both here and elsewhere, on familiar terrain and in a distant place.

The artificiality of this literal out-of-place environment is the starting point for André Wischnewski's sculptural work. The artist is less concerned with the exotic plants than with what is missing from this insight into the flora of different climate zones: the acoustic life without which the isolated flora freezes to an image. It is the sonic seclusion inside the conservatories, the virtual absence of acoustic environments that anchor the visible in the audible, which Wischnewski makes the subject matter of his work.
Does that constitute a subject matter? If so, it eludes us, not only standing out through its absence but by being inherently intangible. Wischnewski makes it materialise. He doesn’t do so by presenting a sound installation that simulates the lost soundscape. Instead, the sound becomes tangible: It takes on the weight of a sculpture, a density that can be grasped by hand. Transcriptions of potential sounds made of Plexiglass are stacked in formations that are difficult to decipher. They are encrypted as counters (a typographic term for the non-printing inner area of a letter) and reflect the local absence of sounds in written form. The acoustic milieu of this misplaced nature is condensed in Wischnewski's sculptures to form entities that are as visible as they are illegible, as transparent as they are inscrutable. They are crystals of an obscure soundscape catching the light and the visitor's gaze.
While André Wischnewski incorporates the transparency of the glass conservatories into the Plexiglas of his sound sculptures, Jochen Hautzdorf works with the local materials of steel and plants. The shape of his sculpture, as well as its function, is borrowed: an oversized horseshoe serving as a climbing frame for creeping plants. Although stretching to a height of four metres, Hautzdorf's work obeys the principle of mimicry - namely a gradual adaptation to its immediate surroundings, a discreet insertion into the existing environment. This is not only due to the choice of materials, where construction and vegetation intertwine. The disproportion of the horseshoe, which usually hangs over door frames as a lucky charm, creates family resemblances to the archways and walkways that can be found in the trimmed greenery of the botanical garden. As the exhibition progresses, the creeping plants will increasingly assimilate the sculpture into this place where nature and artificiality are inseparable.

Carolin Meister
Translation: Lucy Nixon

ABOUT


André Wischnewski

*1983 in Crivitz, lives and works in Mannheim


BIOGRAPHY

2018 - 2019             Master student at Academy of Fine Arts Karlsruhe,
                        class of Prof. Harald Klingelhöller
2013 - 2018             Diploma at Academy of Fine Arts Karlsruhe,
                        class of Prof. Harald Klingelhöller
2004 - 2008          Diploma at Academy of Fine Arts Mannheim
2000 - 2003           Vocational education as architectural draftsman
                        Specialization in building constructions


EXHIBITION

2024                      DELTABEBEN REGIONALE | Wilhelm-Hack-Museum
                               TRANSFORMATIONEN | Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern
                               Open Call-Jahresgaben | Kunstverein Ludwigshafen
                               Mannheimer Kunstpreis der Heinrich-Vetter-Stiftung | Port 25
2022                      Später, nachdem sich alle zurückgezogen haben, hängt jeder seinen
                               eigenen Gedanken nach... | kunstraum friesenstrasse Hannover
2021                       Kalinowski-Preis | Academy of Fine Arts Karlsruhe
                                SETUP | Kunstverein Worms
                                ZIG ZAG | Kunstverein Bad Dürkheim
                                ...mit Verlaub | Laube Karlsruhe
2020                       WORTGEWANDT | Neues Kunsthaus Ahrenshoop
                                DELTABEBEN REGIONALE | Kunsthalle Mannheim
                                Wir sind hier | Heidelberger Kunstverein
                                REC | Galerie Sebastianskapelle Ulm
2019                        Frischzelle_26 | Kunstmuseum Stuttgart
             TOP_0019 | Städische Galerie Karlsruhe
             Jahresgaben | Heidelberger Kunstverein
2018                        Brunnen umspielende Vegetation | Botanical Garden, Karlsruhe
             Junge Kunst-Junge Künstler | Skulpturenpark Heidelberg
2017                        Salon Ehman Arnold | Karlsruhe
2014                        Im Überblick. Repertoir III, Kunstverein Germersheim
2013                        Beyond Borders | Kunstverein Ludwigshafen
2011                         Temporary outdoor artwork at the Mannheimer Kunsthalle
2008                       Skulpturenhof | Mannheimer Kunstverein


AWARDS

2024                       KUNSTFONDS_Scholarship of the Stiftung Kunstfonds | Bonn
                                Advancement award | Mannheimer Kunstpreis der
                                Heinrich-Vetter-Stiftung
2022                       NEUSTART KULTUR-Scholarship of the Stiftung Kunstfonds | Bonn
                                Studio Funding | City of Mannheim
2021                        Kalinowski-Award | Stiftung Kunstfonds | Bonn
                                Project scholarship | MWK Baden Württemberg
2020                       NEUSTART KULTUR-Scholarship of the Stiftung Kunstfonds | Bonn
2019                        Architectural art | IMBIT | Freiburg
2018                        Award winner of the Manfred Fuchs-Preis | Skulpturenpark Heidelberg
2017                        Scholarship of the Heinrich-Merz-Company Karlsruhe
2016                        Award winner of the Academy of Fine Arts Karlsruhe

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